Versandkatalog August Stukenbrok
Objektbeschreibung
Preisliste Ausgabe A 1911
Technische Daten
Datierung: 1911
Material: Papier
Maße: 35,5 x 27,5 x 11 cm (H x B)
Mit dem Frühling kommt das gute Wetter und damit steigt auch die Lust auf eine Radtour. Doch nach einem langen Winter muss der Drahtesel oft erst wieder in Schuss gebracht werden. Gut beraten war man dann mit einem Blick in den Katalog des Versandunternehmens August Stukenbrok in Einbeck. Ob neue Reifen, Radläuferglocken oder gleich ein neues „Deutschland“-Rad – das erste Fahrradhaus Deutschlands bot als „leistungsfähigste Bezugsquelle der gesamten Fahrradbranche“ alles, was das Radlerherz begehrte. Häufig dürften das zu Beginn einer neuen Radfahrsaison wohl erst einmal diverse Putzextrakte oder Rostentferner gewesen sein. Aber auch das nach Bekunden des Händlers gerade für Anfänger unentbehrliche „Sitzfett“ wird dankbare Abnehmer gefunden haben.
Nicht zuletzt durch dieses zielgruppenorientierte Angebot machte sich die 1888 durch August Stukenbrok (1867–1930) in Einbeck gegründete Fahrradfabrik einen Namen, sodass bereits um die Jahrhundertwende 10.000 Fahrräder das Werk verlassen hatten. Ein Blick in die kostenlos in Deutschland und Europa verteilten Kataloge lässt den weitblickenden Geschäftssinn des Firmengründers erkennen. Über den eigens eingerichteten Versandhandel wurde nun u.a. auch noch die Nachfrage nach vielen anderen Bedarfsartikeln der Stammkundschaft bedient, die bis 1911 auf 600.000 Interessenten anwuchs. So verzeichnet der Katalog auch ein breites Angebot an Bekleidungs-, Jagd- und Rauchutensilien.
Besonders eine Produktpalette erscheint aus heutiger Sicht kurios:
Gleich mehrere Katalogseiten widmen sich dem buchstäblich handgreiflichen Schutz des Radlers vor Hunden. Die „unverwüstlichen“ und „vorzüglichen Hundepeitschen“ gab es wahlweise sogar mit Stahleinlage versehen. Und damit der Komfort nicht zu kurz kam, hatte Stukenbrok den passenden Peitschenhalter gleich mit im Sortiment. Wem das noch nicht Schutz genug war, der konnte sich für weniger als 2 Mark alternativ (oder zusätzlich) auch mit „Radfahr-Feuerwerk" oder „Hundebomben" ausrüsten. Was wie ein Angebot von Scherzartikel anmutet, war damals durchaus nicht ungewöhnlich. Die zahlreichen streunenden Hunde stellten eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Fahrradfahrer dar und sogar von Hunden, die gezielt auf sie gehetzt wurden, wird berichtet.
Noch 1927 verzeichnete der Versandhandel über 6 Mio. Mark Umsatz. Doch im Zuge der Weltwirtschaftskrise stellte das Unternehmen 1931 kurz nach Stukenbroks Tod die Geschäftstätigkeit ein.
// Text: Andre Siegel, Juni 2021
Literatur
- Stukenbrok, August: Preisliste über Deutschland-Fahrräder und Nähmaschinen sowie sämtliche Radfahrer Bedarfsartikel, Ausgabe A 1911.
- Lüdtke, Heinrich / Lorenzen, Oskar: Die Turn- und Sportstadt Altona. Von der Palmaille zum Stadion, Altona 1927.
- Amenda, Lars: Hunde und Radfahrer – zur Geschichte einer „Feindschaft“, in: Altonaer Bicycle-Club von 1869/80, URL: [https://www.altonaer-bicycle-club.de/history/index.php?id=115285888269] (26.05.2021).
- Weber, Regina: Preisliste Versandhaus „August Stukenbrok“ 1914, in: LVR-Industriemuseum, Sammlung online, URL: [https://industriemuseum.lvr.de/de/sammlung/sammlung_entdecken/unternehmen___ihre_produkte/preisliste_stukenbrok/Preisliste_Versandhaus_August_Stukenbrok.html] (26.05.2021).
- Für weitere Informationen besuchen Sie auch die Internetpräsenz des Stadtmuseums Einbeck mit einem Video zu August Stukenbrok unter:
- Stukenbrok im Film, in: Stadt Museum Einbeck, URL: [https://stadtmuseumeinbeck.wpcomstaging.com/?s=stukenbrok] (31.05.2021)
Schon gewusst?
Das Versandhaus August Stukenbrok war nach dem Versandhaus Mey & Endlich der zweite in Deutschland gegründete Versandhandel. Unter dem Slogan „Mein Feld ist die Welt“ vertrieb es mit dem „Deutschland-Fahrrad“ u.a. eine eigene Fahrradmarke.